„Dynamik bezeichnet das Spiel
von sich gegenüberstehenden Kräften. Sie ist Bewegung der Kräfte, gegeneinander, ineinander, voneinander weg.“ (HEGI, 126) Dynamische Kräfte wirken in allen bisher behandelten Hörplätzen musikalischen Geschehens „als Bewegungen der Stärke, der Wirkung, der Dichte, der Spannung, der Energie und der Pause.“(HEGI, 126f) Betrachtet werden hier vor allem drei dynamische Faktoren: Tempo, Lautstärke und als deren Gegenpol: die Pause, die nicht bloß ein Zwischenraum von zwei Ereignissen ist, sondern selbst ein Ereignis. Pausen sind für die Musik ebenso wichtig wie die Musik selbst.
Tempo und Lautstärke
können in ein Quadrantenschema eingetragen werden und Tendenzen der Willensäußerung zeigen. Denn: „Dynamik ist die Kraft des Wunsches oder der Wille zur Bewegung und Verwandlung.“ (HEGI, 129) Die Dynamik von ‚laut, aber langsam‘ deutet auf eine gewisse Schwerfälligkeit hin bzw. drückt düstere Spannung, Widerstand, Macht, Vollendung oder Potenz aus. ‚Laut und schnell‘ weist auf Beweglichkeit, Ungeduld, Druck, Dominanz, Kraft, Angriff als auch Steigerung, Dichte, Intensität, Ende und Höhepunkt hin. ‚Schnell, aber leise‘ verrät Aufmerksamkeit, Präsenz, Aufregung, gespannte Erwartung, Gewandheit, aber auch Mißtrauen, Gewappnet-Sein, ängstliches Agieren, zurückgehaltene Aggression, Unruhe, Anspruch, Anfänge. ‚Langsam und leise‘ belegt Zurückhaltung, Vorsicht, Hemmung, Trauer, Sensibilität, aber auch Ruhe, Versenkung, Endlosigkeit, Raum, Zärtlichkeit.
Dynamik ist ein situationsabhängiger Prozeß
wie der Klang. Sie belebt und färbt den Ausdruck der Musik. „und sie eröffnet fast grenzenlose Veränderungs- und Erweiterungsmöglichkeiten von bestehenden Mustern.“ (HEGI, 130f)