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Durch Musik kulturelle Barrieren überwinden

Wir Menschen sind unterschiedlich. Je weiter unsere Heimatländer voneinander entfernt sind, desto fremdartiger kommt uns der andere vor. Die Sprachbarriere schreckt manchen ab oder erzeugt den Eindruck von Desinteresse, denn man kann weder fragen, noch antworten. Unterschiedliche Gesten und eine missinterpretierte Körpersprache vermitteln uns schlimmstenfalls sogar noch einen ganz falschen Eindruck. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, diese Barrieren zu überwinden. Aber Musik kann eine davon sein.

Von Unterschieden und Gemeinsamkeiten

In Studien hat man herausgefunden, dass die Musik der allermeisten Kulturen von anderen Kulturen, für die diese Musik fremd ist, weitgehend verstanden wird. Zwar sind uns die anderen Instrumente, die fremdartigen Rhythmen, Tonleitern (kann man auch mit iphone lernen) und Tonschritte, zum Beispiel Vierteltonschritte in der orientalischen Musik, manchmal ein bisschen suspekt. Traurige Musik wird aber fast immer als traurige Musik wahrgenommen und fröhliche Lieder als solche erkannt. Trotz der kulturellen Unterschiede in der musikalischen Umsetzung, finden sich in allen Musikrichtungen Gemeinsamkeiten, die dasselbe in uns auslösen. Interessant ist dabei unter anderem die Bedeutung des Dreivierteltakts.

Das Herz schlägt im Dreivierteltakt

Musik kann einen erheblich Anteil an interkultureller Verständigung ausmachen – Bild von: © Siegfried Schnepf, Fotolia.com

In der Musik afrikanischer Länder findet sich häufig, neben für uns komplizierten Rhythmen, die Grundlage eines Dreivierteltakts. Dieser ist typischerweise um einiges schneller als der in der westlichen Welt bekannte Walzertakt. Nichtsdestotrotz könnte man den Bezug zum Herzschlag herstellen. Denn das Herz aller Menschen schlägt, wie jeder für sich nachprüfen kann, im Dreivierteltakt bei durchschnittlich 70 BPM (Beats per minute). Ob hier nun tatsächlich ein Zusammenhang besteht, sei mit einem Augenzwinkern bestätigt. Fakt ist aber, dass schnelle Dreiviertel- oder auch Vierviertelrhythmen unseren Instinkt, uns bewegen zu wollen, anspricht.

Percussive Instrumente als Verbindung

Die musikalische Früherziehung beginnt bei weitem nicht immer mit der Blockflöte. Durch Schlagen und Klopfen auf Gegenstände oder auf den Tisch einen Klang oder einen Rhythmus zu erzeugen, liegt uns in den Genen, Kinder tun das intuitiv (intuitives musizieren), was Lehrer der musikalischen Früherziehung nutzen und Kinder percussive Instrumente spielen lassen. Oft erfinden Kinder auch spontan Melodien und singen Texte in einer Fantasiesprache, die aus irgendwelchen willkürlichen Silben besteht. Kinder haben nicht das Bedürfnis, Musik zu verstehen. Sie musizieren einfach. Das haben Kinder aller Kulturen gemeinsam, es verbindet sie auf eine natürliche, völlig unkomplizierte Art und Weise. Dieses instinktive Wissen, diese intuitive Fähigkeit, bleibt uns ein Leben lang erhalten, auch wenn wir nicht darauf zurückgreifen oder annehmen, wir seien unmusikalisch.

Zueinander finden durch interkulturelles Training

Es ist ein Phänomen der heutigen westlichen Welt, das sich verstärkt, je nördlicher wir leben, dass wir den (uns anerzogenen) Anstand und unser scheinbar gutes Benehmen dem unbefangenen Umgang mit Musik voranstellen. Es kostet den Nordeuropäer, aber auch den Ostasiaten eine Menge Überwindung, mit anderen Nichtmusikern zu musizieren. Es fühlt sich peinlich an, wir wollen uns nicht blamieren. Afrikaner, Mittel- und Südamerikaner hingegen erleben die Musik als ganz alltägliches Ausdrucksmittel, der Tanz gehört zum täglichen Leben dazu. Das erweckt den Eindruck, Menschen „aus dem Süden“ läge der Rhythmus im Blut. Tatsächlich gehen sie aber ihr Leben lang unbefangener damit um. So sieht es eben so aus, als wären sie lockerer und nicht so hüftsteif wie die Nordeuropäer. Ebenso verhält es sich mit Gesang oder Musik allgemein. Ist im Rahmen eines entsprechenden Workshops, zum Beispiel interkulturelles Training, erst einmal die Angst sich zu blamieren überwunden und lässt sich jeder Teilnehmer angstfrei auf Tanz, Percussion und Gesang ein, beginnt man, auf eine natürliche Weise, den anderen zu verstehen. Die Muttersprache, die wir sprechen, verliert an Relevanz und die Musik verbindet uns. Oder wie der Volksmund weiß: „Wo man singt, da lass‘ dich ruhig nieder. Böse Menschen haben keine Lieder“.

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