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Eurovision Song Contest 2025 – Ballert Deutschland dieses Mal?

ESC Eurovision Song Contest 2025 Baller

Der Eurovision Song Contest ist seit jeher ein Ereignis, das Millionen von Menschen in Europa und darüber hinaus fesselt. Im Jahr 2025 wird das Finale am 17. Mai in Basel stattfinden.

Für Deutschland stellt sich nach einer Reihe ernüchternder Platzierungen einmal mehr die Frage: Kann das diesjährige Duo Abor & Tynna mit ihrem Song „Baller“ endlich wieder punkten? Oder bleibt es bei einem weiteren musikalischen Rohrkrepierer? Der diesjährige Vorentscheid, das musikalische Duo und die Reaktionen darauf liefern jedenfalls ausreichend Stoff für Diskussionen, Hoffnungen und auch Kontroversen.

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https://youtu.be/zJplC4-9Scs?feature=shared

Stefan Raabs Rückkehr: Der Vorentscheid als Chefsache

Der Vorentscheid zum ESC 2025 sorgte bereits im Vorfeld für Schlagzeilen. Kein Geringerer als Stefan Raab erklärte den deutschen Beitrag zur „Chefsache“. Gemeinsam mit RTL und der ARD stellte er die Show „Chefsache ESC 2025 – Wer singt für Deutschland?“ auf die Beine. Raab, der 2010 mit Lena Meyer-Landrut Deutschlands einzigen ESC-Sieg seit Nicole (1982) ermöglichte, kehrte damit nach langer TV-Abstinenz auf die ESC-Bühne zurück.

Die Sendung wurde prominent besetzt: Barbara Schöneberger moderierte, in der Jury saßen neben Raab auch Nico Santos, Yvonne Catterfeld und ESC-Gewinnerin Conchita Wurst. Ziel war es, dem deutschen ESC-Auftritt neues Leben einzuhauchen – und das mit professioneller Strahlkraft. Der Vorentscheid lief am 16. Februar 2025 im TV und wurde von durchschnittlich 3,4 Millionen Menschen verfolgt, was angesichts der ESC-Müdigkeit der vergangenen Jahre als Achtungserfolg gewertet wurde.

Dennoch blieb Kritik nicht aus. Einige Zuschauer empfanden die Show als zu glatt und zu stark auf bekannte Formate zugeschnitten. Andere vermissten echte musikalische Überraschungen. Die Frage, ob Raabs Rückkehr tatsächlich ein kreatives Comeback oder eher ein medienwirksames Retro-Event war, bleibt umstritten.

Abor & Tynna: Die Hoffnungsträger mit dem Song „Baller“

Als Gewinner des Vorentscheids setzten sich das Geschwisterpaar Abor & Tynna durch. Die beiden Musiker stammen aus Wien, haben jedoch eine enge Verbindung zur deutschen Musikszene. Ihr Song „Baller“ wurde schnell zum Gesprächsthema: Eine eingängige Mischung aus Elektropop, Hip-Hop-Elementen und deutschsprachigen Lyrics, die Emotionen und Energie gleichermaßen transportieren.

„Baller“ thematisiert die schmerzhafte Aufarbeitung einer Trennung und bringt mit Zeilen wie „Du ballerst durch mein Herz, kein Rückzug, nur Alarm“ eine neue sprachliche und musikalische Wucht auf die ESC-Bühne. Der Song erreichte innerhalb weniger Tage Platz 13 der deutschen Singlecharts – ein Achtungserfolg und der beste Chart-Einstieg eines deutschen ESC-Beitrags seit Jahren. Zudem ist es der erste deutschsprachige Song für Deutschland beim ESC seit 2007.

Abor & Tynna selbst zeigen sich selbstbewusst, aber nicht überheblich. In Interviews betonen sie, dass es ihnen um Authentizität gehe. „Wir machen Musik, die uns entspricht. Wenn Europa das fühlt, ist das ein Geschenk“, sagte Tynna im Gespräch mit dem RND.

Kritik und Kontroversen: Ein Vorentscheid unter Beschuss

Trotz des breiten Zuspruchs gab es auch kritische Stimmen. Insbesondere die Fans der Band Feuerschwanz, die im Vorfeld als Favoriten galten, waren enttäuscht. Der energiereiche Mittelalter-Rock der Gruppe fand zwar Zuspruch in der Publikumsabstimmung, wurde jedoch von der Jury nicht in dem Maße honoriert. Das führte zu lautstarken Vorwürfen der „Schiebung“ in sozialen Netzwerken.

Stefan Raab reagierte auf die Vorwürfe und betonte, dass die Regeln klar kommuniziert worden seien und es keine Manipulation gegeben habe. Die Entscheidung sei eine Kombination aus Jury- und Zuschauerstimmen gewesen, wie beim ESC üblich. „Es ist eine Entscheidung für Europa, nicht nur für Fanlager“, so Raab.

Ein weiterer Kritikpunkt war die Auswahl eines deutschsprachigen Songs. Während viele Fans dies als mutig und identitätsstiftend feierten, zweifelten andere daran, ob ein deutschsprachiger Beitrag in einem internationalen Wettbewerb die richtige Strategie sei. Hier gingen die Meinungen weit auseinander.

Der Blick nach vorn: Optimismus und Realitätssinn

Trotz aller Diskussionen herrscht auch Optimismus. ESC-Kommentator Thorsten Schorn etwa glaubt an einen echten Erfolg für Deutschland. In einem Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland sagte er: „Das ist der erste deutsche Beitrag seit Langem, der Emotion, Stil und musikalische Eigenständigkeit verbindet. Ich halte eine Top-Ten-Platzierung für realistisch.“

Auch aus dem Ausland kommen vorsichtig positive Rückmeldungen. Der britische ESC-Blogger William Lee Adams lobte „Baller“ für seine „frische Energie und glaubhafte Performance“. In skandinavischen Fan-Foren wird der Song als „unerwartet stark“ beschrieben. Allerdings sehen viele Beobachter auch, dass die Konkurrenz hart ist: Schweden schickt mit Linnea Aldrin eine Künstlerin ins Rennen, die bereits Millionenstreams auf Spotify hat, und Frankreichs Beitrag von Chanteuse Douce zieht die Presse wegen seines politischen Textes in den Bann.

Realistisch betrachtet wird es für Deutschland schwer, sich ganz oben zu platzieren. Doch nach Jahren der Frustration wäre bereits ein Platz in den Top 10 ein signifikanter Erfolg und ein Schritt zurück in die ESC-Wahrnehmung Europas.

Zwischen Euphorie und Erwartungsmanagement

Die ESC-Geschichte Deutschlands ist eine wechselhafte. Von großer Euphorie über Lena (2010) zu tiefen Enttäuschungen wie 2019 mit Sisters (Platz 25) oder 2021 mit Jendrik (letzter Platz) war alles dabei. Insofern ist es verständlich, dass viele Fans jetzt vorsichtig hoffnungsvoll sind.

„Baller“ könnte tatsächlich das Potenzial haben, international zu überzeugen. Der Song ist eingängig, modern produziert, und die Künstler wirken authentisch. Hinzu kommt eine Bühnenshow, die laut Probenberichten mit energiegeladenem Tanz, Pyrotechnik und einem durchdachten Lichtkonzept punktet.

Doch der ESC ist bekanntlich unberechenbar. Punktevergaben folgen mitunter politischen, kulturellen oder schlicht geschmacklichen Mustern, die schwer vorhersehbar sind. Wichtig ist, dass Deutschland sich nicht versteckt und mit erhobenem Haupt auftritt. In dieser Hinsicht haben Abor & Tynna bereits gewonnen.

Wird Deutschland dieses Mal wirklich „ballern“?

„Baller“ steht sinnbildlich für den deutschen ESC-Willen im Jahr 2025: laut, emotional, kompromisslos. Der Song polarisiert, aber das ist beim ESC nicht zwangsläufig ein Nachteil. Im Gegenteil: Kontur und Charakter sind oft der Schlüssel zum Erfolg.

Ob Deutschland dieses Mal wirklich „ballert“ und Europa mitreißt, wird sich am 17. Mai zeigen. Doch allein die Tatsache, dass über den deutschen Beitrag wieder diskutiert, gestritten und spekuliert wird, ist ein gutes Zeichen. Nach Jahren der Bedeutungslosigkeit ist Deutschland zurück im ESC-Gespräch – und das ist ein Erfolg für sich.

Vielleicht wird 2025 das Jahr, in dem Deutschland nicht nur mitmacht, sondern wieder mitmischt. Und wer weiß? Vielleicht ballert es ja tatsächlich.

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