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Improvisation im Jazz

Der entscheidende Impuls zur Wiederbelebung

der Improvisation in der abendländischen Musik des 20. Jahrhunderts ging zweifellos vom Jazz aus. Dieser kann als eine unverwechselbare Art des Musizierens bezeichnet werden, bei der „gewisse Zwischenwerte des Rhythmus, der Phrasierung, der Tonbildung, der Improvisation des dem Augenblick entspringenden eigenen Antriebs der Spieler entscheidender sind als die Grundwerte der überkommenen europäischen Musik.“ (LINDLER, 278)

Im konventionellen Jazz basiert

die Improvisation auf melodisch-harmonischen Themen (tunes) und deren Taktgliederung. Das heißt, eine nach einem festgelegten Taktschema gespielte Harmoniefolge wird in Melodielinien, Skalen und Arpeggien aufgelöst, wobei dem Harmoniegerüst stets eine der ‚popular songs‘-Formen oder der Blues in seiner zwölftaktigen Form zugrundeliegt. „Wirkliches Improvisieren umschließt aber die Fähigkeit, 1. zu komponieren, 2. das im Augenblick improvisatorisch komponierte auch richtig zu interpretieren. Die Einheitlichkeit in der Dreiheit Improvisator-Komponist-Interpret macht es so schwer (vielleicht gar unmöglich) das Entstandene durch andere Musiker nachspielen zu lassen“ (LINDLER, 280), was aus improvisatorischer Sicht auch nicht Sinn des Ganzen wäre. 

Völlig ausgeschriebene Partituren

sind nur im kommerziellen Jazz denkbar, während die innovative Richtung mit größtmöglicher Improvisationsfreiheit der Free-Jazz ist. Steve LACY, ein Beteiligter an der Entwicklung dieses Stils, sagt: „Für mich muß sich die Musik immer dort befinden – auf der Kante zwischen dem Bekannten und dem Unbekannten. Und man muß sie ständig ins Unbekannte vorantreiben, sonst verkümmert sie und man selbst auch.“ (BAILEY, 93) Der Sprung ins Unbekannte führt seiner Meinung nach über die Improvisation, sie ist der Lebensnerv des Jazz. Solche Einstellungen sind allerdings eher die Seltenheit, und so hat sich das meiste, was an Jazz gespielt wird, „von einer aggressiven, unabhängigen, vitalen und vorwärtsdrängenden Musik in ein nettes Erinnerungsstück an die gute alte Zeit gewandelt.“ (BAILEY, 88) 

Jazzgrößen waren fast ausschließlich

schwarze Amerikaner, Louis ARMSTRONG und Ella FITZGERALD zum Beispiel waren Begründer des Scat-Gesangs, des jazzmäßigen Singens auf irgendwelchen vom ‚Zufall‘ eingegebenen Silben. Für den Niedergang des Jazz verantwortlich ist dagegen das typisch weiße europäische Denken, welches alles analysieren und in ein System pressen muß, das Musik verwalten und institutionalisieren muß, um sie anzuerkennen, bis das ursprüngliche und lebendige improvisatorische Moment tot ist, ausgerechnet das, was die Musik zu dem macht, was sie ist.

Loewenherz / Frisbee

Autor: Loewenherz / Frisbee

Mit acht Jahren Klavierunterricht, ab 18 E-Gitarre und Bassgitarre. 1983 erste Band. Erster Tonträger 1989 (MC VenDease live). Lehrer für Bassgitarre. Musik-Journalist beim Fachmagazin "the Bass" (vorher: "Der rasende Bass-Bote") & dem hessischen Musikermagazin Kick'n'Roll. Musik-Projekte in Offenbach und Frankfurt mit Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten. Gesangsunterricht im Bereich funktionaler Stimmbildung nach Lichtenberg und Reid mit Studium klassischer Literatur. Diplomarbeit zum Thema "Musikimprovisation in der Sozialpädagogik". Seit 1996 sporadische Auftritte mit meist improvisiertem Charakter. Bands: Bernstyn, Procyon, Uwe Peter Bande, Ven Dease (Saarland) sowie Reality Liberation Front, PLK, Valis (Frankfurt). Live-Mixer bei Lay de Fear.

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