veröffentlicht in der Kick’n’Roll Nr. 11, März 96
Fabio R. ist vor etwa einem Jahr nach Frankfurt eingewandert. Er ist Musiker: Songwriter, Gitarrist und Sänger. Über Bekannte lernte er Mr. X kennen, der ihn für einen großen Gig in Köln engagierte. Der Auftritt als Vorgruppe einer Flamencoband lief wie abgesprochen, doch haperte es an zahlenden Gästen; große Schneefälle und die daraus resultierenden chaotischen Verkehrsverhältnisse trugen wohl die Hauptschuld. Fabio zahlte seine Mitmusiker aus, doch vom Veranstalter sah er keinen Pfennig der vereinbarten Gage. So oder ähnlich spielt es sich immer wieder ab, mal sind es unfähige Veranstalter, mal berechnende Ablinker, die MusikerInnen um die Gage prellen. Also, was tun?
Bob Lyng, Autor des Standardwerkes „Praxis im Musikbusiness“ und aktiv in der Musikbranche, empfiehlt z.B. die Hälfte der Gage im voraus zu kassieren. Dies ist allerdings für ungesignte Gruppen nicht einfach und auf Tournee – wo die Gefahr des Gagennepps besonders groß ist – sehr schwierig. Grundsätzlich sollte ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen werden, er bietet die besten Möglichkeiten, rechtlich aktiv zu werden. Nach Informationen durch den Musikanwalt Dagobert Belau reicht auch ein mündlicher Vertrag, doch müssen hierbei Zeugen anwesend sein, die nicht zur Band gehören, da diese als Partei gilt (Also als Gesellschaft gemäß BGB natürlich, nicht daß ihr jetzt denkt, bei den nächsten Landtagswahlen könnten beispielsweise Die schlimmen Finger kandidieren).
Gerade Amateurbands dürfte in der Regel die Konsultation eines Rechtsanwaltes zu teuer sein, und manchen Musikanwälten mag bei solchen Bands der Streitwert und damit ihr Honorar (c. 10% der vereinbarten Gage) zu niedrig sein. So habe ich denn von Bands gehört, die in einem solchen Fall lieber sogenannte ‘schwere Jungs’ engagiert und ihre Gage zurückbekommen haben. Doch in diesem unseren Rechtsstaat gibt es schließlich die kostenfreie Möglichkeit, sich direkt an das Arbeitsgericht zu wenden und einen Mahnbescheid zu beantragen, ein Weg, den auch auch Fabio beschritt. Doch er hatte Pech: Mr. X hat kein Händchen fürs finanzielle und wird schon von zahlreichen Gläubigern gejagt. Fabio kann sich nur dann freuen, wenn dieser Mensch innerhalb der nächsten 30 Jahre noch mal zu Kohle kommt.
Und doch hat diese Geschichte etwas positives: Fabio hat sich an die Kick’n’Roll gewandt, so daß dieser Artikel entstehen konnte, der manche vielleicht vor negativen Erfahrungen bewahren hilft, und Fabio die Möglichkeit gibt, allen MitmusikerInnen in seiner neuen Heimatstadt herzlich ‘Hallo’ zu sagen. Für weitere Informationen zu diesem Thema empfehle ich Euch diverse Musikbücher, die zum Thema Recht belehren und jede gute Buchhandlung besorgen kann, oder – besonders wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist – die Konsultation eines Musikanwaltes. Die Adressen erfahrt ihr bei der Anwaltskammer.