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28. Newcomer TV Nacht

SixfingerDas beste Rezept gegen die Frühjahrmüdigkeit war gestern der Besuch der 28. Newcomer TV Nacht. Fünf gnadenlos gute Bands rockten Oberursel in Grund und Boden. Wer sich dieses Ereignis für läppische zwei Euro entgehen ließ, dem ist wahrlich nicht zu helfen. „Schrill im April“ statt „Tanz in den Mai“ war das Motto, das Sepp’l Niemeyer ausgerufen hatte.

Mit Sixfinger ging es gleich brachial und speedig zur Sache. Die Siegerband des „Toys2Masters“ aus Köln/Bonn löste ihre schwere Aufgabe als Opener hervorragend, Sänger Sebastian lotste die Menge mit jedem Song näher an die Bühne. Geschickt wurde reinrassiger Brüllcore mit eingängigen Melodien verwoben, so dass nicht nur Headbanger auf ihre Kosten kamen.

Rockblock 3001Rockblock 3001 aus dem Taunus wollte kraftvoll anschließen. Aber nachdem es bei Sixfinger die Fußmaschine des Drummers erwischt hatte, war diesmal der Bassist dran. Tja, vor wichtigen Gigs sollte man aktiven Bässen unter Umständen eine neue Batterie spendieren… 😉 Zwar sorgte einer der anwesenden Musiker mit einem Leih-Bass für Abhilfe, aber der Bass-Sound ließ bei dieser Band leider zu wünschen übrig. Zudem verkürzte das Problem die Spielzeit, da half auch die lautstarke Intervention des begeisterten Publikums nicht. Verdient hätte es die Band, denn der knallig treibende Rock mit leichtem Psychedlic-Noise-Einschlag á la Monstermagnet kann sicherlich in seinen Bann ziehen.

PhebusMit Phèbus aus Basel begann es dann richtig rund  zu laufen.  Schon der erste Song zog mich magisch direkt vor die Bühne und ich fand mich neben Lena wieder, vor einigen Jahren Oberursels vielversprechendste Sängerin, mit der ich eines meiner letzten Liveprojekte spielen durfte. Wir waren uns beide einig: die Künste von Sänger Giusy waren eindrucksvoll, für mich der beste Vokalist des Abends. Dabei war die Band durchgehend excellent besetzt und liefert hypnotische Rockmusik mit vielfältigen Einflüssen und Popcharakter – ein absolut stimmiges Ganzes mit Chartchancen.

TempEauLangerwartet tanzten dann zwei Jungs im Ballettröckchen samt Drummer auf die Bühne: TempEau aus Hamburg sind keine Unbekannten mehr im Kulturbetrieb. Gitarrist Jan Plewka und Drummer Stephan Eggert haben bereits mit Selig deutsche Rockgeschichte geschrieben, während Bassist Marek Harloff als einer der talentiertesten Jung-Schauspieler der Republik gilt. Auch zu Dritt standen sie den anderen Bands powermäßig in nichts nach und spätestens bei „Schöner Tag“ schmolz Lena neben mir dahin. Sepp’l nannte das Ganze „wütenden Indie-Protestrock mit einer New Wave Post Punk Note“ – mir fallen jetzt beim Anhören der Songs auf der Website starke stimmliche Ähnlichkeiten mit Rio Reise auf. „Unten am Hafen“ oder „Mädchen aus Greifswald“ bohrten sich jedenfalls nachhaltig in meine Ohren.

Schein Der absolute Liveknaller war dann Schein. Gnadenlose Grooves für die Beine, die mein altes Basserherz swingen ließen. Funk, Rap, ein Schuss Ska mit einer Extraportion Rockmusik brachte die Musikhalle zum Kochen. Nicht nur Rhythmusgruppe, funky guitar und der teils mehrstimmige Gesang waren hervorragend, vor allem die Bläsersection sorgte mit gezielten Fanfarenschüssen und einer unglaublichen Bühnenpräsenz für Aufsehen: die Jungs wirbelten über die Bühne, dass mir Hören und Sehen verging. Um mal die längst vergessenen „Grabhund“ zu ziteren: „Das war wie Sex auf der drehbaren Livebühne.“

Der Grooveexpress aus dem bayrischen Freising ließ sich erst gegen Mitternacht von Protesten aus der Nachbarschaft stoppen. Ein Kompliment an das Newcomer-Team für diese gelungene Auswahl und den geilen Abend. Und die Musikhalle Portstraße hat ein Event, das im Taunus seinesgleichen sucht.

Hier die Fotogalerie mit Bildern der 28. Newcomer TV Nacht:

Loewenherz / Frisbee

Autor: Loewenherz / Frisbee

Mit acht Jahren Klavierunterricht, ab 18 E-Gitarre und Bassgitarre. 1983 erste Band. Erster Tonträger 1989 (MC VenDease live). Lehrer für Bassgitarre. Musik-Journalist beim Fachmagazin "the Bass" (vorher: "Der rasende Bass-Bote") & dem hessischen Musikermagazin Kick'n'Roll. Musik-Projekte in Offenbach und Frankfurt mit Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten. Gesangsunterricht im Bereich funktionaler Stimmbildung nach Lichtenberg und Reid mit Studium klassischer Literatur. Diplomarbeit zum Thema "Musikimprovisation in der Sozialpädagogik". Seit 1996 sporadische Auftritte mit meist improvisiertem Charakter. Bands: Bernstyn, Procyon, Uwe Peter Bande, Ven Dease (Saarland) sowie Reality Liberation Front, PLK, Valis (Frankfurt). Live-Mixer bei Lay de Fear.

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